Je besser die Führung, desto erfolgreicher ein Unternehmen. Diese Formel gilt umso mehr in Start-ups. Denn nur wer es versteht, ein schlagkräftiges Team zu formen, wird sich als Newcomer in einem Markt behaupten können.
Es ist offensichtlich und dennoch wird es gerne ignoriert: Ohne Menschen existiert kein einziges Unternehmen. Alle Startup-Ideen, Pläne und Handlungen setzen voraus, dass es eine oder mehrere engagierte Personen gibt, die ein Projekt nicht nur erdenken, sondern es auch in die Tat umsetzen wollen. Der Mensch, seine Motivation und seine Fähigkeiten müssen daher immer am Anfang jedes Start-up-Prozesses stehen. Ohne genaue Kenntnisse, was Gründer und Mitarbeiter für die Herausforderung mitbringen sollten, hat eine innovative Idee keine Erfolgschancen und wird die Suche nach einer potenziellen Finanzierung scheitern.
Die Wirtschaftsliteratur überschlägt sich zwar seit Jahren mit immer neuen Ratgebern, was einen erfolgreichen Gründer auszeichnet. Doch auch wenn viele der Tipps von illustren Fachleuten einleuchtend klingen, sind sie doch erst einmal nicht viel mehr als graue Theorie. Die Praxis sieht meist ganz anders aus. Jeder Mensch mag sich in gewissem Maße verändern können, aber in der Entwicklung zu einem erfolgreichen Unternehmer gibt es Grenzen. Aus einem tendenziell phlegmatischen Gründer wird niemand so einfach einen aktiven Geschäfts-Treiber machen können, der alles im Griff hat und seine Leute permanent motiviert.
Auch wenn jeder Mensch unterschiedliche Voraussetzungen mitbringt, so gibt es doch handfeste Kriterien, die erfolgreiche Gründer auszeichnen. Das Wichtigste, auf das auch Investoren schauen, ist die Leidenschaft. Gründer müssen demonstrieren, dass sie für ihre Idee, ihr Projekt brennen, dass sie alles tun und den Start-up-Prozess bis ins letzte Detail verinnerlichen. Ein Opernsänger oder ein 100-Meter-Sprinter kann auch nur erfolgreich sein, wenn er sich den ganzen Tag auf das Ziel ausrichtet und trainiert. Ebenso wird ein Programmierer, der jede Faser seines Jobs liebt, irgendwann etwas Spannendes hervorbringen. Prominentestes Beispiel dafür ist Bill Gates.
Ich hadere jedoch immer wieder mit der aktuellen Gründer-Kultur. Viele, die sich darin tummeln, glauben, Unternehmen in die Welt zu setzen sei ganz simpel. Eine Idee für einen trendigen Webdienst – meist abgekupfert – gepaart mit einer passenden App werden die Millionen der Investoren schon fließen lassen, lautet die Einstellung. Doch weit gefehlt.
Auch wenn diese Darstellung vielleicht etwas übertrieben ist, spiegelt sie die Haltung vieler Gründer durchaus wieder. Was für sie zählt, ist das schnelle Geld – entweder durch wirtschaftlichen Erfolg oder den Verkauf an einen etablierten Konkurrenten. Nur, die harte Start-up-Realität wird sie schnell eines Besseren belehren. Viele Start-ups brauchen Jahre, um belastbare Substanz zu entwickeln und schwarze Zahlen zu schreiben. Die vielfach zitierten Übernahmebeispiele wie Tumblr, Instagram oder in Deutschland StudiVZ haben bis heute für ihre Käufer kaum Gewinne erwirtschaftet.
Investoren wollen aber in allen Phasen des Unternehmensprozesses zuallererst Geld verdienen und ihr Vermögen vermehren. Das gelingt ihnen nur, wenn sie innovative und langfristig tragfähige Ideen aufspüren, die Märkte revolutionieren und ein hohes Wachstumspotenzial entwickeln. Gründer, die nur an ihr schnelles Geld denken, sind für sie uninteressant. Investoren wollen Unternehmer, die sich mit Haut und Haaren einem Projekt verschreiben, Menschen, die bereit sind, für ihre Ideen alle Höhen und Tiefen in Kauf zu nehmen. Außerdem müssen die Gründer von Anfang an skalieren wollen, also auf Wachstum ausgerichtet sein und einen bleibenden Wert anstreben – einen Nutzen, von dem eine breite Masse profitiert. Dann erst ist er oder sie für Investoren interessant.
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Design: Sonja Leppin
Illustrationen: Susanne Kasper